Rhein, Main und Wein – Erlebnistipps Rheingau
Klöster, Wein und Wandern – auf diesen harmonischen Dreiklang trifft man zwischen Rüdesheim und Kloster Eberbach. Ständiger Begleiter ist dabei der Rhein. Oder Wolfgang Blum, ein profunder Wein - und Wanderführer, kurz: Botschafter Rheingauer Lebensfreude.
Wein, Genuss und Kultur im Rheingau
„Der Rheingauer ist ein lebensfroher Mensch“, sinniert Wolfgang Blum und nippt an seinem Glas Hattenheim Alte Reben Riesling. Er sitzt in einem Liegestuhl mit Blick auf den Rhein und blinzelt in die untergehende Sonne. Blum führt die Lebenslust auf den Weinanbau zurück: „Überall dort, wo Wein wächst, legt man Wert auf Wohlfühlen und misst dem Genuss einen hohen Stellenwert bei.“ Er muss es wissen. Der Kultur- und Weinbotschafter lebt hier seit 60 Jahren. „Ich war schon viel in der Welt unterwegs, aber glaub‘ mir: Bei uns im Rheingau lässt es sich besonders gut leben.“ Wein, Genuss und Kultur sind im Rheingau immer wieder direkt verbunden.
Wein, Genuss und Kultur sind im Rheingau immer wieder direkt verbunden. So auch in der Abtei St. Hildegard oberhalb von Rüdesheim am Rhein. Die dort lebenden Benediktinerinnen führen ein Weingut mit 7,5 Hektar Fläche. Der Wein ist dabei viel mehr als Liebhaberei. Wie jeder andere Betrieb auch, sind die Schwestern vom Ertrag ihrer Arbeit abhängig. „Wir handeln nach dem Grundsatz des heiligen Benedikt. Das heißt, wir müssen von unserer eigenen Hände Arbeit leben“, erzählt Schwester Thekla Baumgart, die das Weingut leitet. Die Anstrengungen sind von Erfolg gekrönt. Rund 50.000 Flaschen im Jahr verkauft das Weingut und heimst regelmäßig Prämierungen ein, zuletzt beim „Best of Riesling“. Schwester Thekla hat ihr Handwerk an der heutigen Hochschule Geisenheim University gelernt, unterstützt wird sie von einem Winzermeister. Am liebsten arbeitet sie im Weinberg: „Das bringt mich immer wieder auf die Erde zurück, die Arbeit hat etwas Meditatives.“
„Auch das Wandern kann meditativ sein, insbesondere auf langen Strecken“, wird mir Wolfgang Blum später sagen. Er ist meist irgendwo im Rheingau unterwegs. Besonders gern auf dem Rheinsteig, der direkt an der Abtei St. Hildegard vorbeiführt, ein 320 Kilometer langer Premium-Wanderweg von Wiesbaden bis nach Bonn. Blum ist einer der 21 Wegepaten, er kennt ihn in- und auswendig. „Der Rheinsteig ist der publikumsträchtigste Weitwanderweg Deutschlands außerhalb der Alpen“, hebt er hervor. „Er bietet immer wieder herrliche Ausblicke auf den Rhein und unglaublich viel Abwechslung, auch dank der Klöster hier.“ Allein auf dem 30 Kilometer langen Abschnitt zwischen Rüdesheim-Aulhausen und Kloster Eberbach sind sechs von ursprünglich zwölf Klöstern erhalten geblieben. Und so kommt es, dass keine vier Kilometer von St. Hildegard entfernt das Franziskanerkloster Marienthal am Rheinsteig auf uns wartet. Die Wallfahrtskirche ist seit dem 14. Jahrhundert nicht nur für Pilger ein Ort der Ruhe und Abgeschiedenheit.
Ganz anders die Drosselgasse in Rüdesheim am Rhein, wo in vielen Traditionshäusern Livebands für Stimmung sorgen und man nebenan sogar in einem original Weinfass übernachten kann. Aber auch hier kommen Ruhesuchende auf ihre Kosten. Geführte Naturspaziergänge, Wildbeobachtung, Weinwanderungen und Kellerführungen sind in der UNESCO Welterberegion „Kulturlandschaft Oberes Mittelrheintal“ problemlos möglich.
Ein Ort der Geselligkeit ist auch Schloss Johannisberg. Das ehemalige Kloster beheimatet heute ein Restaurant mit herrlicher Aussicht. Der Legende nach wurde hier einst mit dem Weinbau begonnen, weil Karl der Große beim Blick von seiner Ingelheimer Residenz über den Rhein gesehen haben soll, dass an diesen Hängen der Schnee als Erstes schmolz. Und noch eine andere Geschichte rankt sich um das Schloss. Demnach soll der reitende Bote die Erlaubnis vom Fürstabt in Fulda, die Trauben zu ernten, im Herbst 1775 so spät übermittelt haben, dass die Beeren bereits verfault waren. Weil man sie dennoch kelterte und der Wein im folgenden Frühjahr vortrefflich schmeckte, ist 1775 offiziell das Geburtsjahr der Spätlese. Ob sich die Angelegenheit tatsächlich so zugetragen hat oder nicht – der „Spätlesereiter” wurde mit einem Standbild auf Schloss Johannisberg verewigt.
Vorletzte Station auf unserer Tagestour durch den Rheingau ist Kloster Eberbach. Es gilt als die am besten erhaltene mittelalterliche Klosteranlage Deutschlands. Es wird heute unter anderem als Spielstätte des Rheingau Musik Festivals sowie als Standesamt genutzt. Zudem ist es Sitz der Hessischen Staatsweingüter, deren berühmteste Lage „Steinberg“ mit ihrer hochmodernen Kellerei nur wenige Fußminuten entfernt liegt. Am späten Nachmittag sitzen wir entspannt am Weinprobierfass in Hattenheim am Rhein. Es ist ein ganz normaler Mittwoch, die Bänke sind proppenvoll. Weinbotschafter Wolfgang Blum philosophiert über die Rheingauer Lebensfreude. Beim Blick um mich herum finde ich ihn bestätigt. Die Menschen genießen ihren Feierabend bei einem Glas Wein, schauen den vorbeifahrenden Schiffen zu, in den Gesichtern spürt man ihre Entspannung. Längst bin auch ich von einem wohligen Gefühl umfangen. Blum hat recht: „Der Rheingau, das ist Lebensfreude pur.“