Hessens Gastronomie feiert die Ernte
Der Herbst ist für Barbara und Erika Bär im Gasthaus "Zum Grünen Baum" in Michelstadt die schönste Jahreszeit. "Der Herbst schmeckt voller, intensiver, kräftiger und ein bisschen herber. Er ist der kulinarische und optische Höhepunkt im Jahr", schwärmt Mama Barbara.
Das Mutter-Tochter Duo führt das Traditionsrestaurant in dem hübschen Odenwälder Städtchen in der 13. und 14. Generation. Den Jahreszeiten gemäße Gerichte zu kreieren, ist beiden wichtig. Der Gast soll spüren, was gerade Saison hat. Dementsprechend glänzt die Herbstkarte mit "Bodenschätzen aus dem Wald", wie Erika Bär die Pilze liebevoll nennt. Nüsse, Birnen, Äpfel, Zwetschgen, Kürbis - vieles davon gibt der eigene kleine Garten der Bärs her und das, obwohl sie nur eine kleine Fläche bewirtschaften. Es ist diese Vielfalt, die den Unterschied macht. Zum Beispiel der Sanddorn, von dem genau zwei Bäume im Garten stehen. Die Ernte fiel so üppig aus, dass es jetzt Sanddorn-Butter zum Fisch gibt. "Es ist wichtig, die Erträge aus dem Garten auch komplett zu verwerten," findet Barbara Bär. Diese Wertschätzung macht es aus, ob im Umgang mit Karotte oder Zwiebel oder dem Wild, das die passionierten Jägerinnen wöchentlich aus dem eigenen Revier mitbringen.
Herbstzeit ist Erntezeit
"Für diesen Moment haben viele Menschen das ganze Jahr gearbeitet. Wenn die Ernte vollbracht ist, wir innehalten können und man weiß: es ist geschafft!", so beschreibt Barbara ihr Herbstgefühl. Für den Genießer hessischer Spezialitäten ist es der Startschuss für eine ganz besonders köstliche Zeit. Was man in Südtirol als kulinarischen Brauch nach der Weinlese mit Törggelen bezeichnet, erlebt man auch mitten in Deutschland: das Feiern der Ernte. Wenn an Bergstraße und im Rheingau der Federweiße ausgeschenkt wird, Straußenwirtschaften im Taunus zu Äppler und Handkäs einladen und die Wilden Wochen im Habichtswald auf Wildschweinjagd gehen: dann feiert Hessen sein ganz eigenes "Törggelen". Entweder laden die letzten Sonnenstrahlen noch mal auf ein Gläschen nach draußen ein oder es wird drinnen in der Guten Stube warm und gemütlich. Verwöhnen, das ist Herbst im Gasthaus "Zum Grünen Baum". Zum wohligen Gefühl gehören auch regionale Zutaten wie Äpfel von Odenwälder Streuobstwiesen, Fische aus dem Teich im Nachbarort, Lämmer aus dem eigenen Bauernhof. Aber auch die Kartoffel, denn die ist Heimat, findet Barbara Bär: "Kartoffeln machen außerdem richtig satt. Satt und glücklich."
Kartoffel, Bramburi oder Grumbeere – Wochen für die tolle Knolle
Seit 29 Jahren gehören in die Riege der kulinarischen Spezialwochen in Hessen auch die Odenwälder Kartoffelwochen. Immer Ende September/Anfang Oktober wird hier der Erdapfel gefeiert. Unter den 26 teilnehmenden Restaurants ist auch das Gasthaus "Zum Grünen Baum". Auf der speziellen Kartoffelkarte findet sich von der Kartoffelsuppe (Cremige Grumbier) über Kartoffelbaumkuchen (Ofenfrisches Kartoffel-Geknusper) bis hin zum hausgebackenen Kartoffel-Nuss-Törtchen (Süß-Kartöffelchen) eine Mischung aus Tradition und Innovation. "Wir sind stolz darauf, dass wir noch traditionell und bodenständig kochen," sagt Erika Bär. Denn nichts wird je die Kartoffelsuppe in der Beliebtheit schlagen, weiß sie. Trotzdem suchten sie mit jeder Karte ihren eigenen Weg: "und schon dafür sind die Kartoffelwochen einfach super, damit man sich mit dem Produkt auseinandersetzt."
Und auch wenn Mama Barbara kaum glauben kann, dass ihnen nach so vielen Jahren immer noch etwas Neues einfällt, steht eins auch für sie fest: "je einfacher und ursprünglicher das Produkt zubereitet wird, umso besser kommt es heraus und umso größer ist das Geschmackserlebnis." Die Kartoffelwochen sind für Erika Bär auch positiver Wettbewerb in der ländlichen Gegend. Das Miteinander fördere Inspiration und Kooperationen untereinander stärkten letztendlich die Region. Und der Gast? Der kann in dieser herrlichen (Ernte-) Zeit einfach nur genießen.