Das UNESCO-Welterbe in Hessen
Nur die besten unter den herausragenden Fundstätten der Menschheits- und Naturgeschichte dürfen den besonderen Titel tragen. Sieben dieser einzigartigen Stätten finden sich allein in Hessen:
Welterbe seit 2021: Die Mathildenhöhe Darmstadt
Erst im Juli 2021 wurde die berühmte Mathildenhöhe in Darmstadt in die Liste des UNESCO-Welterbes eingetragen. Das Areal gilt als eines der herausragendsten Beispiele für die experimentelle Architektur des frühen 20. Jahrhunderts und setzt sich aus Hochzeitsturm, Ausstellungsgebäude, Museum Künstlerkolonie, Platanenhain und Künstlerhäusern zusammen. Bereits im 19. Jahrhundert wurde das Areal als Garten des großherzoglichen Hofes angelegt und nach der Gemahlin von Ludwig III., Mathilde von Wittelsbach, benannt. Im Jahr 1899 wurde an diesem Ort die Künstlerkolonie mit dem Ziel gegründet, Kunst und Leben zusammenzuführen und dadurch eine neue Raumkunst zu schaffen. Insgesamt 16 Jahre dauerte die Entstehung des gesamten architektonischen Ensembles mit seinen Gebäuden, Gärten und Skulpturen, der Innenarchitektur und dem Design.
Unser Tipp: Wer vor Ort ist sollte unbedingt auch die Treppen des 48,5 Meter hohen Hochzeitsturm erklimmen, von hier aus hat man einen besonders schönen Ausblick auf Darmstadt und die umliegende Region. Und gerade in den Sommermonaten ist der zum Ensemble dazugehörende Park Rosenhöhe unbedingt einen Besuch wert, dann blühen im Kernstück des Parks, dem Rosarium mit Rosendom mehr als 10.000 Rosen in über 200 verschiedenen Arten und Sorten. Das Museum Künstlerkolonie kann das gesamte Jahr über besichtigt werden.
Eine der ergiebigsten Fossilienfundstätten der Welt – die Grube Messel
Als erstes deutsches Naturdenkmal wurde 1995 die Grube Messel in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen. Die Fossillagerstätte gibt einzigartigen Aufschluss über die frühe Evolution der Säugetiere und dokumentiert Veränderungen in der Tier- und Pflanzenwelt vor bis zu 48 Millionen Jahren. Aus der Zeit des Eozäns wurden bereits mehrere zehntausend Fossilien geborgen, jährlich kommen mehr als dreitausend neue Funde hinzu. Bedeutende Funde in der Fauna des stillgelegten Ölschifer-Tagebaus sind neben Vertretern großer Wirbeltiergruppen wie früherer Pferdearten auch Insekten, ein Kranichvogel und ein Primat.
Die Originalfunde können in der ständigen Ausstellung des dazugehörigen Besucherzentrums „Zeit und Messel Welten“ besichtigt werden. Im Rahmen geführter Touren ist außerdem das Betreten der Grube möglich. Die Strecke umfasst ca. 3 km, 65 Höhenmeter und bis zu 12 Prozent Steigung. Zusätzlich bietet das Besucherzentrum auch Touren im Welterbe-Express an, einem fast geräuschlosen Elektromobil, das bis zur Grubensohle fährt. Wer seine gewonnenen Eindrücke vertiefen möchte, der sollte im Fossilien- und Heimatmuseum der unmittelbar benachbarten Gemeinde Messel, dem Hessischen Landesmuseum Darmstadt oder dem Senckenberg Naturmuseum in Frankfurt am Main vorbeischauen.
Unser Tipp: Um die Grube Messel herum liegen zahlreiche Naturschutzgebiete wie die Scheftheimer Wiesen und die Menhiranlage Hirtenwiese, die Hegbachaue oder der Mörsbacher Grund, die im Anschluss zu einem gemütlichen Sommerspaziergang einladen.
Von Vergangenheit und Zukunft: Das Kloster Lorsch an der Bergstraße
In der Region Bergstraße-Odenwald liegt die ehemalige Benediktinerabtei Lorsch. Das Kloster ist eines der wenigen Denkmäler aus der Zeit der Karolinger, das über Jahrhunderte hinweg sein ursprüngliches Aussehen beibehalten hat. Die noch immer erhaltene berühmte Königshalle gilt als eines der bedeutendsten Relikte vorromanischer Architektur in Deutschland und erinnert an die Größe der einst so mächtigen Benediktinerabtei des Heiligen Nazarius. Von seinem Gründungsjahr 764 bis ins hohe Mittelalter hinein galt das Reichskloster als Macht-, Geistes- und Kulturzentrum des Heiligen Römischen Reiches und beheimatete einst eine der größten Bibliotheken des Mittelalters. 1991 wurde die Klosteranlage als UNESCO-Weltkulturerbe ausgezeichnet. Knapp zwanzig Jahre später wurde das sogenannte Lorscher Arzneibuch, das als Anfangswerk der wissenschaftlichen Medizin des Abendlandes betrachtet wird, in die Liste des UNESCO-Weltdokumentenerbes aufgenommen. 2023 folgte dann schließlich die Aufnahme des Lorscher Evangeliars zusammen mit neun weiteren Codices aus den Schreibwerkstätten Karls des Großen. Die frühmittelalterlichen, reich verzierten Bilderhandschriften werden in London, Bukarest sowie dem Vatikan aufbewahrt.
Heute findet sich in der nachkarolingischen Zehntscheune ein Schaudepot mit Objekten aus über 200 Jahren Ausgrabungsgeschichte. Seit 2014 ergänzt das Freilichtlabor Lauresham mit einem Modelldorf die Aspekte des außerklösterlichen Lebens zu Zeiten Karl des Großen. Für Besucher, die einen Eindruck von der gesamten Anlage der ehemaligen Reichsabtei erhalten wollen, werden verschiedene Führungenangeboten. Neben dem Klostergelände Lorsch mit Königshalle, Kirchenfragment und Kräutergarten können auch das dazugehörige Kloster Altenmünster, das Schaudepot Zehntscheune, das Museumszentrum und das Freilichtlabor besucht werden.
Teil des deutschen Weltnaturerbes – der Nationalpark Kellerwald Edersee
Seit Juni 2011 ist der Nationalpark Kellerwald-Edersee in der GrimmHeimat NordHessen Teil des transnationalen UNESCO-Weltnaturerbes „Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderen Regionen Europas“. Im Oktober 2020 wurde das Gebiet um knapp 2.000 Hektar erweitert und erstreckt sich nun nicht mehr nur südlich des Edersees, sondern auch nördlich und östlich davon. Der Nationalpark gilt als einziger in ganz Hessen und schützt einen der letzten naturnahen Rotbuchenwälder Mitteleuropas. Die Mittelgebirgslandschaft prägen über 50 bewaldete Berge und Täler und über tausend reinste Quellen, Bäche, Felsfluren und Blockhalten. In diesem wertvollen Lebensraum herrschen die perfekten Voraussetzungen für die Beherbergung selten vorkommender Tierarten wie Wald-Fledermäuse, Rothirsche oder Wildkatzen.
Unser Tipp: Auf Erlebnispfaden mit und ohne Führung kannst Du den Nationalpark erkunden, in verschiedenen Einrichtungen wie dem Nationalparkzentrum Kellerwald werden Gäste über die einzigartige Flora und Fauna des Gebiets aufgeklärt. Ein ganz besonderes Erlebnis ist der ca. 70 km lange Urwaldsteig mit herrlichen Aussichten direkt auf den schimmernden Edersee. Auf ausgewiesenen Wegen kann der Nationalpark sogar mit dem Fahrrad erkundet werden. Direkt am Nationalparkzentrum können E-Bikes ausgeliehen werden.
Gratam Hassiae – Der Obergermanisch-Raetische Limes
Er ist insgesamt 550 km lang, umfasst eine Fläche von ca. 220 km2 und gehört seit 2005 zum Weltkulturerbe der UNESCO: der Obergermanisch-Raetische Limes. Er ist ein Abschnitt der ehemaligen Außengrenze des Römischen Reichs und zählt zu den eindrucksvollsten Denkmälern Mitteleuropas. Als künstlich geschaffene Grenzanlage zu Beginn des 2. Jahrhunderts nach Christus war der Limes nicht nur ein beeindruckendes technisches Bauwerk. Auch symbolisiert er gleichzeitig das Aufeinandertreffen der klassischen Antike mit dem Kulturgut in Mittel- und Nordeuropa und bezeugt damit die Verschmelzung großer Teile Europas im gemeinsamen Kultur- und Wirtschaftsraum des ehemaligen römischen Reiches. Der Obergermanisch-Raetische Limes verläuft durch insgesamt vier Bundesländer, mit dem Wetterau-Limes liegt das Filetstück der ehemaligen Grenzanlage mitten in Hessen. 145 km Land- und 10 km Wasserstrecke befinden sich in unserem Bundesland. Zu Zeiten des Römischen Reiches gab es im heutigen Hessen insgesamt 18 Kastelle, 31 Kleinkastelle und über 200 Wachtürme.
Unser Tipp: Eine Rekonstruktion eines solchen Kastells ist die Saalburg im Taunus nahe Bad Homburg. Zwischen 135 und 260 nach Christus war hier eine römische Kohorte stationiert. Die Burg gilt heute als am besten erforschtes und am vollständigsten rekonstruiertes Kastell des Obergermanisch-Raetischen Limes und ist ein beliebtes Ausflugsziel. An allen Wochenenden und Feiertagen gibt es hier öffentliche Führungen, außerdem finden das ganze Jahr über verschiedene Thementage statt.
Wasser marsch! – Der Bergpark Wilhelmshöhe in Kassel
Der Bergpark Wilhelmshöhe im Kasseler Stadtteil Bad Wilhelmshöhe ist mit einer Fläche von knapp 560 Hektar der größte Bergpark in Europa. Ab 1696 ließen die Landgrafen und Kurfürsten von Hessen-Kassel den Park anlegen, in den darauffolgenden 150 Jahren wurde er stetig erweitert. Bekannt ist der Bergpark heute vor allem wegen seiner beeindruckenden Wasserspiele, die sich vom Herkules über die Kaskaden in Richtung Osten erstrecken. Die Wasserkunst war für ihre Zeit eine architektonische und ingenieurtechnische Meisterleistung und ist bis heute in ihrer Originalfunktion erhalten. Insgesamt 750.000 Liter Wasser werden in die verschiedenen kleinen Becken und durch die unterirdisch verlaufenden Rohre gepumpt. 2013 wurde der Bergpark Wilhelmshöhe in die Liste des UNESCO-Kultur- und Naturerbes aufgenommen, er ist der erste Bergpark weltweit, dem diese Ehre zuteilwird.
Unser Tipp: Ein Juwel im Bergpark Wilhelmshöhe ist die Roseninsel, in den Sommermonaten blühen hier über 1.000 verschiedene Strauch-, Wild- und Kletterrosen. Wer vor Ort ist, sollte unbedingt auch die künstliche Ruine der Löwenburg, die oberhalb von Schloss Wilhelmshöhe liegt, besuchen. Gebaut wurde sie um 1800, im Gegensatz zu anderen Burgen diente sie nicht als Festung, sondern als Lustschloss, das mit fürstlichen Wohnräumen und einer reichen Ausstattung an historischen Möbeln, Gemälden, Tapisserien und einem beeindruckenden Sammelsurium an Waffen die Sammelleidenschaft seines Erbauers Wilhelm I. widerspiegelt.
Oberes Mittelrheintal – Idylle zwischen Hessen und Rheinland-Pfalz
Das obere Mittelrheintal ist eine atemberaubende Kulturlandschaft am Mittelrhein, die im Jahr 2002 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen wurde. Das Gebiet erstreckt sich von der hessischen Stadt Rüdesheim bis nach Koblenz entlang des Durchbruchstals des Rheins und durch das Schiefergebirge. Als einer der wichtigsten Verkehrswege Europas ermöglicht das Mittelrheintal seit über zwei Jahrtausenden den kulturellen Austausch zwischen dem Mittelmeerraum und dem Norden Europas. Es ist zudem ein außergewöhnliches Beispiel für die Entwicklung der traditionellen Lebensweise, insbesondere das Terrassieren der Steilhänge entlang des Flusses hat die Landschaft im Verlauf der letzten 2.000 Jahre in vielfacher Weise geprägt.
Unser Tipp: Wer hier Sehenswürdigkeiten besuchen möchte, der hat die Qual der Wahl: Von Burgen, Festungen und Schlössern über malerische kleine Städte, Dörfer, Kirchen und Klöster bis zu Naturschönheiten ist im Mittelrheintal alles zu finden. Ein besonderes Ziel für Wanderer ist der 320 km lange Rheinsteig, der von Wiesbaden bis nach Bonn führt. Ein absolutes Must-See ist das Kloster Marienthal am sonnigen Südhang des Taunus, seit 1873 wird dieser Ort von Franziskanern spirituell belebt und instandgehalten.