Was ist eigentlich Hessisch?
Ei, das ist doch klar – alles, was in Hessen so gebabbelt wird! Doch Moment, ganz so einfach ist es nicht. Denn nicht mal alle Hessen “babbeln”. In Nordhessen sagt man eher “schnuddeln” und in Richtung Taunus wird eher “geschwätzt”. Wir haben uns von Sprachwissenschaftler Professor Lars Sörries-Vorberger die hessische Dialektvielfalt erklären lassen.
Vier Dialekträume
Obwohl landläufig von “dem Hessischen” gesprochen wird, gibt es in Wirklichkeit eine große Vielfalt an lokalen Sprechweisen, die sich teils sehr stark unterscheiden. Das Hessische, so Sörries-Vorberger, lässt sich in vier große Gruppen einteilen, die sogenannten Dialekträume. Das sind Gebiete, in denen sehr ähnliche Dialekte gesprochen werden und die sich deutlich von anderen Dialekträumen abgrenzen lassen. Man unterscheidet zwischen dem Südhessischen, auch als Rheinfränkisch bezeichnet, dem Osthessischen rund um Fulda, dem Zentralhessischen zwischen Marburg und dem Taunus sowie dem Nordhessischen nördlich von Schwalm.
Wenn man genauer hinschaut, wird es natürlich noch komplexer, da hat jede Region, gar jedes Dorf seine eigene lokale Sprechweise. Doch die vier Dialekträume lassen sich sprachlich recht klar unterscheiden.
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Keine trennscharfe Grenzen
Gesprochen werden die hessischen Dialekte teilweise auch über dessen Grenzen hinaus. Und nicht im ganzen Bundesland werden ausschließlich hessische Dialekte gesprochen. Nach Norden grenzt die sogenannte Benrather Linie das Hessische vom Niederdeutschen ab. Diese Linie verläuft etwas nördlich von Kassel und trennt Gebiete mit deutlich unterschiedlichen Sprachmerkmalen.
Natürlich ist diese Linie keine trennscharfe Grenze und sie verschwimmt zusehends. Nach Osten ist das Hessische vom Thüringischen und Ostfränkischen abgegrenzt. Nach Süden ist es, so Sörries Vorberger, schwer, die genauen sprachlichen Grenzen des Hessischen festzulegen, da es recht fließend etwa ins Pfälzische übergeht. Deshalb werden die Dialekte dort auch teilweise unter “Rheinfränkisch” zusammengefasst.
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Das Hessisch der Medien
Außerhalb Hessens hat hauptsächlich das sogenannte “Medienhessische” das Bild der Mundart geprägt. Das ist eine Sprachvariante, die in Film- und Fernsehen verwendet wird, wenn eine Figur hessisch klingen, aber zugleich auch für Menschen verständlich sein soll, die kein Hessisch beherrschen. Schöne Beispiele, die zu ihrer Zeit sehr erfolgreich waren, sind die Fernsehserie "Firma Hesselbach” oder die Unterhaltungssendung “Zum Blauen Bock”.
Das Medienhessische basiert zu weiten Teilen auf den Sprechweisen in der Gegend um Frankfurt, dem sogenannten “Rhein-Main-Regiolekt”. Das ist eine Sprechweise, die näher am Hochdeutschen ist als der “tiefe” Dialekt, der am ehesten noch von älteren Leuten gesprochen wird. Der Rhein-Main-Regiolekt bewahrt sich dennoch viele Worte und Merkmale, die ihn von der Standardsprache abgrenzen.
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Stirbt Hessisch aus?
Wir haben Professor Sörries-Vorberger auch gefragt, wie er die Zukunft des Hessischen sieht. Stirbt der Dialekt mehr und mehr aus? Vom Aussterben möchte er nicht reden: “Sprache verändert sich, das ist ganz natürlich.” Und so ändert sich auch das Hessische.
Die alten Dialekte, die für Außenstehende kaum zu verstehen sind, werden wohl weiter zurückgehen und der auf dem Südhessischen basierende Rhein-Main-Regiolekt wird sich weiter ausbreiten. Aber verschwinden würde das Hessische sicher nicht, ist Professor Sörries-Vorberger optimistisch. Die typische Sprachfärbung und viele alte Wörter bleiben uns also noch lange erhalten.
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