Märchenhafte Höhlenwelt
Im Halbdunkel sehen sie fast aus wie Speerspitzen, Zwergenmützen oder versteinerte Eiszapfen. Zahlreiche Stalagmiten und Stalaktiten verwandeln die Schauhöhle Breitscheid in ein wahres Märchenreich. Sie ist einer der Höhepunkte bei einer Wanderung auf dem Geologischen Karst- und Höhlenlehrpfad bei Breitscheid im Westerwald. Neugierig, was es dort noch zu entdecken gibt? Mehr dazu findest Du hier …
Zauberhaftes Unterreich - Unterwegs im Herbstlabyrinth
Kühl ist es hier, und ziemlich feucht. Gut, dass wir warme Jacken und festes Schuhwerk tragen. Wir folgen unserem Guide die vielen Stufen hinab in den Untergrund, Schritt für Schritt geht es in eine andere, geheimnisvolle Welt, die das Tageslicht noch nie gesehen hat. Langsam gewöhnen sich unsere Augen ans Halbdunkel und weiten sich vor Staunen. Wie Speerspitzen oder Zwergenmützen ragen sie empor. Stalagmiten wachsen aus dem felsigen Untergrund und recken sich ihren Geschwistern, den Stalaktiten, entgegen, die wie versteinerte Eiszapfen von der Decke hängen. Zahlreiche geschickt platzierte LED-Lämpchen setzen das Höhlenreich sanft in Szene und sorgen für eine fast mystische Atmosphäre. Unwillkürlich flüstern wir nur noch. Das ist die Breitscheidhöhle, der öffentlich zugängliche Teil des sogenannten Herbstlabyrinths, einem Höhlensystem am Ostrand des Westerwalds in Hessen.
Etwa eine Stunde verbringen wir unter Tage und lernen von unserem Guide, einem Höhlenforscher, viel über die geologische Entstehungsgeschichte der Karstlandschaft und des Höhlensystems. Wir erfahren, dass das Herbstlabyrinth zusammen mit der Adventhöhle das größte zusammenhängende Höhlensystem Hessens bildet. Über 13.000 Meter an Stollen und Hohlräumen hat das Wasser hier über die Jahrmillionen in den Fels gegraben. Und dann gab es da noch die Höhlenbären. Vor 30.000 Jahren hätten wir uns hier also wohl nicht reingetraut. Damals verbrachten die großen Raubtiere in Höhlen wie dieser ihren Winterschlaf. Davon zeugen zahlreiche Funde von Höhlenbärenknochen. Unser Guide lässt uns sogar einen anfassen. Und auch einen Tropfstein dürfen wir berühren. Allerdings keinen, der noch in der Höhle wächst. Die steht nämlich unter Naturschutz und die Führungen sind so angelegt, dass sie das natürliche Klima der Höhle nicht in Gefahr bringen.
Immer wieder dient die Höhle auch als zauberhafte Bühne für Events – Konzerte etwa oder Fotografieworkshops.
Auf mystischen Pfaden
Als wir die Stufen emporsteigen und das Licht der Sonne durch den Höhlenausgang brechen sehen, müssen wir uns erstmal ein bisschen orientieren. So sehr hat uns die unterirdische Schönheit in ihren Bann gezogen. Also einmal durchatmen, die frische Waldluft genießen und hinauf schauen ins dichte, grüne Blätterdach über unseren Köpfen.
Die Breitscheidhöhle liegt auf dem Geologischen Karst- und Höhlenlehrpfad, der als Rundweg durch die zerklüftete Karstlandschaft zwischen den Orten Erdbach und Breitscheid führt. Er vermittelt nicht nur Wissen über die Entstehung der Region, sondern auch, wie es unter unseren Füßen aussieht. Schließlich führt das Höhlensystem, vor neugierigen Wanderern verborgen, noch weiter durchs Erdreich.
Der Lehrpfad lässt sich in zwei Runden erleben. Einer kleineren mit drei Kilometern und der größeren mit acht Kilometern. Wir haben uns für die längere Variante entschieden. Vom Startpunkt in Erdbach sind wir zunächst durch die Gasseschlucht bis zur Breitscheidhöhle gewandert. Nach der Höhlenführung geht es jetzt weiter Richtung Breitscheid. Dort wollen wir rasten und Energie tanken für den Rückweg. Zur Wahl stehen zwei Bäckereien und ein Gasthaus. Wir entscheiden uns für den Mittagstisch in der Breitscheider Stube. Deftige Küche und ein kühles Getränk – ideal für müde Wanderer.
Gestärkt geht es weiter, durch eine eindrucksvolle Naturlandschaft. Unser nächstes Etappenziel sind die beiden Steinkammern, zwei weitere Höhlen. Wir klettern gut gelaunt über moosbewachsene Felsen und laufen schweigend durch grüne Baumkathedralen. Allenthalben deuten kleine Spalten und Löcher im Gestein auf die zerklüftete Höhlenlandschaft im Untergrund hin. Ach ja, und: Wo ist eigentlich der kleine Bach hin, der in Breitscheid noch so munter vor sich hin plätscherte? Das ist eine Eigenschaft der porösen Karstlandschaft. Bachläufe versickern hier gerne mal im Untergrund, um dann ganz woanders wieder ans Tageslicht zu kommen.
Durch die Karstlandschaft
Doch zunächst wandern wir an einem alten Steinbruch entlang und hinauf auf den Homberg. Was für ein Blick. Wir schauen über die wogenden Baumkronen hinab nach Erdbach und die weitläufige, hügelige Landschaft des Westerwalds. Dann, ganz unvermittelt, stoßen wir auf ein Loch im Felsen. Stimmt: Das muss der Eingang zur kleinen Steinkammer sein. Zum Glück haben wir Taschenlampen dabei, denn es wird schnell dunkel im Berg. Die enge Höhle ist zwar bei weitem nicht so groß wie die Anderswelt der Breitscheidhöhle, zieht uns aber dennoch in ihren Bann. Ganz ohne Guide und Geländer steigt die Abenteuerlust und wir erkunden neugierig die Höhle. Moment, da um die Ecke scheint es noch weiterzugehen. Wir folgen dem mysteriösen Gang. Und was ist hier? Nach einer kleinen Kletterpartie gelangen wir auf einmal wieder nach draußen und sind auf der anderen Seite des Berges. Was für ein Abenteuer.
Mit Höhlenführung und Mittagspause sind wir jetzt gute sieben Stunden unterwegs und kommen froh und erfüllt von der Magie der Höhlen und der zauberhaften Natur wieder am Ausgangspunkt an. Und siehe da, hier sprudelt auch der kleine Bach wieder aus dem Felsen.